Ausgestopfte Tiere, Menschen auf der Flucht und Portraits von Künstlern und Schriftstellern: Kaum eine Institution, die sich im Rahmen der städteübergreifenden Initiative „European Month of Photography“ (neben Wien gibt es Ausstellungen in Athen, Berlin, Bratislava, Budapest, Ljubljana, Luxemburg und Paris) nicht von ihrer fotografischen Seite zeigt. Eine Seite, die allerdings viele Gesichter hat. Denn seit der Erfindung der Daguerreotypie 1839 wird das Lichtbild auf unterschiedliche Weise eingesetzt. Von der Mode- über die Architektur- bis hin zur Reportage- oder Straßen-Fotografie. Einen wesentlichen Beitrag zu dieser aktuellen Bilderflut leistet heute das Smartphone, das weit verbreitet und schnell gezückt eine Vielzahl an Bilddokumenten liefert. Gerade für Menschen auf der Flucht ist es ein wichtiges Instrument – nicht nur um die Umstände ihrer Flucht zu dokumentieren, sondern auch wertvolle Erinnerungsfotos von Zuhause und den zurückgelassenen Menschen bei sich zu haben. Eine traurige Entwicklung, die im Jahr 2015 ihren Höhepunkt erreichte.

„Looking for the Clouds“

2015 befanden sich rund 65,3 Millionen Menschen auf der Flucht. Die gemeinsam mit den sechs anderen europäischen Hauptstädten kuratierte Fotoausstellung „Looking for the Clouds“ nimmt diese erschreckenden Entwicklungen der letzten Jahre zum Anlass, in vier Kapiteln die Themen Migration, Überwachung und Internet zu thematisieren. Da, wo früher Menschen in den Weiten des blauen Himmels nach Wolken suchten, richten heute Überwachungskameras, Satelliten und Drohnen ihre Blicke auf uns. Eine Entwicklung, die sich vor allem seit den Attentaten auf das World Trade Center vor 15 Jahren dramatisch zugespitzt hat. Dem folgend richtet sich der Fokus, der für die Schau im MUSA ausgewählten Künstler und Künstlerinnen von 9/11 und den Folgen (Hans Peter Feldmann und Wolfgang Reichmann) über die Krise in Griechenland (Dimitris Michalakis) bis hin zu den Tücken in der Abbildung der Welt von „google earth“ (Carine und Elisabeth Krecké). Eine der interessantesten Arbeiten der Ausstellung stammt von Tanja Boukal, die ein Flüchtlingslager besuchte und die Menschen mit einer von ihr gestrickten Kaschmir-Decke, die Strophen der Europa-Hymne enthält, vor der Kamera posieren lässt.

Ebenfalls um das Thema Flucht dreht sich die Präsentation in der Brunnenpassage, mit den dokumentarischen Aufnahmen von Simon van Hal. Leere Straßen und verlassene Häuser aus dem ehemaligen städtischen Zentrum der iranischen Stadt Teheran abgelichtet von Josef Polleross erwarten Neugierige hingegen im Spektakel, während in der Spenglerei mit der Gruppenausstellung „lines“ über Grenzen und Grenzziehungen nachgedacht werden kann.

Von Filmstills bis Katzenfotos

In die Welt diverser Filmklassiker – von „Metropolis“ über „M – eine Stadt sucht einen Mörder“ bis hin zu „Das Cabinet des Dr. Caligari“ können Interessierte in der Albertina eintauchen. Die Wände schmücken wertvolle Film-Stills, die während der Dreharbeiten auf den Sets entstanden sind. Ebenfalls auf diversen Filmsets das Licht der Welt erblickt haben die transparenten eingefärbten Filmstandfotos, die im Foyer zum Leuchten gebracht zum Kauf einer Kinokarte animieren sollten, die im Photoinstitut Bonartes zu bewundern sind. Das Wissenschaftliche Kabinett wandert mit einer Ausstellung von den Aufnahmen von Tierpräparaten, die Julius Eduard Schindler in seinem „Jagdalbum“ zusammentrug, auf den Spuren des fotografischen Stilllebens aus dem 19. Jahrhundert. Weniger weit in die Vergangenheit führt die Ausstellung „Die bösen 60er Jahre“ in der Wien Bibliothek im Rathaus. Präsentiert werden Aufnahmen der Künstlerin Hilde Schmelzer, die von H.C. Artmann über Helmut Qualtinger alles vor die Linse holte was damals in der Kunstwelt Rang und Namen hatte.

Rätselhafter gestaltet sich ein Blick auf die Aufnahmen von Rainer Riedler. Die Bilder des österreichischen Fotografen zierten bereits das Cover des renommierten „British Journal of Photography“. Im Anatomischen Museum Josephinum präsentiert er Fotografien diverser Maschinen und Apparaturen, die in der Medizin zum Einsatz kommen.

Eine weitere Österreicherin, die heuer die internationale Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte, ist Stefanie Moshammer. Das Zeitmagazin widmete ihr dieses Jahr eine Ausgabe. Ihre Aufnahmen aus den Favelas Rios hängen in der Galerie Ostlicht.

Was wären aber alle diese wunderbaren Fotomotive ohne eines ihrer wohl beliebtesten: den Katzen. Die Katzenakrobatenbilder von Daniel Gebhart de Koekkoek bringen nicht nur im Verlag für moderne Kunst Betrachter zum Schmunzeln, sondern bilden zudem das Sujet des diesjährigen Festivals. Ein Festival, das sich neben der Förderung junger Talente auch der Vernetzung der internationalen Fotoszene sowie dem regen Austausch mit dem Publikum verschrieben hat. Dementsprechend stehen auch heuer wieder jede Menge Talks mit internationalen Fotografen und geführte Touren in diverse Ausstellungen und Ateliers auf dem Programm.

Nähere Information sowie Pocketguide und Katalog sind im Festivalzentrum im MUSA erhältlich.

Museum Startgalerie Artothek
Felderstraße 6-8
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 11-18h, Do 11-20h und Sa 11-16h.
www.eyes-on.at

Europäischer Monat der Fotografie
http://www.europeanmonthofphotography.org/

Geschrieben von Sandra Schäfer